|   Leitartikel

Lebensqualität ist Teil des Lebens

von Florian Riesterer

Die Corona-Zahlen steigen wieder. Und wieder geht der Blick zu jenen, die dem Virus weniger als andere entgegensetzen können: Kranke und Alte. „Vulnerable Gruppen“, so haben die Kanzlerin und die Länder Mitte Oktober beschlossen, müssen besonders geschützt werden, ohne dass es dabei zu einer „vollständigen sozialen Isolation der Betroffenen“ kommt. Stattdessen will der Bund mit Antigen-Schnelltests für Pflegeeinrichtungen die Chance eröffnen, dass die Bewohner dort weiter Besuch bekommen können.

Allein in Rheinland-Pfalz sollen die mehr als 40000 Bewohner von Pflegeeinrichtungen und die 36000 Beschäftigten der Pflegebranche künftig regelmäßig auf eine Coronavirus-Infektion getestet werden. Jetzt bleibt zu hoffen, dass die Einrichtungen personelle Kapazitäten haben, davon Gebrauch zu machen – damit sich Mutter und Tochter nicht nur an der Plexiglasscheibe oder am Computer-Bildschirm sehen.

Natürlich ist keinem Pflegeheim ein Covid-19-Ausbruch zu wünschen. Aber generelle Besuchsverbote zu erlassen, wie es Krankenhäuser gerade wieder tun, wäre der falsche Weg. Demente Menschen verstehen nicht, warum plötzlich von heute auf morgen niemand mehr zu Besuch kommt. Das haben Angehörige und Alltagsbegleiter im Heim im Frühjahr häufig zurückgemeldet. Berührungen von Angehörigen sind durch nichts zu ersetzen, das Gleiche gilt für die Altenheimseelsorge. Tatsächlich erlauben die Pandemie-Handlungsempfehlungen von Rheinland-Pfalz selbst den Besuch von schwer dementen Infizierten durch Angehörige oder Seelsorger. Die Einrichtungen sollten sich daran halten. Zum Leben der Menschen gehört nicht nur dessen Unversehrtheit, sondern auch Lebensqualität.

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Florian Riesterer
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